Taktik-Feeling pur
Was ein wenig trocken klingt, sieht ganz anders aus, wenn man sich einmal ins Spiel eingeklinkt hat. Wer auf eine Call of Duty-Erfahrung hofft, wird hier herbe enttäuscht. Fans von Squad hingegen werden sich sehr schnell zurechtfinden. Denn Post Scriptum ist Kriegstaktik pur, in der wir schneller draufgehen, als uns lieb ist. Denn der Bildschirm und unsere Anzeigen sind auf das Wesentliche reduziert. Kein Fadenkreuz, kein Kompass, kein HUD. Das macht PS zu einer besonderen Erfahrung, denn es gibt Phasen, in denen einfach nichts passiert. Was daran liegt, dass wir uns auf unser Auge verlassen müssen, um Gegner zu erkennen. Wer die Karte herauszieht, um sich einen Überblick zu verschaffen, kann, einmal an die Symbole gewöhnt, gewisse Vorhersagen über feindliche Bewegungen treffen uns sich entsprechend absprechen.
Jedoch geschieht es nicht gerade selten, das wir über ein Feld pirschen und aus dem Nichts heraus getroffen werden. Es ist unglaublich schwer, Gegner zu erkennen. Besonders wenn diese ebenso versuchen, nicht gesehen zu werden. So ertappen wir uns immer wieder, wie wir regungslos in einem Gebüsch liegen, die Lee-Enfield No. 4 im Anschlag und auf den Horizont starren.
Sektionen und Aufgaben
Die einzelnen Teams haben unterschiedliche Aufgaben, für die man sich vor Beitritt entscheidet. Diese Sektionen erfüllen so bestimmte Vorgaben. Dabei gibt es beliebte und weniger beliebte, wie sich im Test schnell gezeigt hat. Nicht jeder kann einen Panzer fahren oder als Stoßtrupp in den Häuserkampf ziehen. Es werden Spieler benötigt, die Vorposten bauen und Stellungen ausheben. Ebenfalls benötigt es in Post Scriptum einer ausgeklügelten Logistik, um Erfolg zu haben. Dieser Job ist jedoch nur mäßig begehrt, da alle versuchen in einen Panzer oder zumindest in die Infanterie zu kommen. Mit einem Versorgungslaster hinter der den Linien hin und her zu fahren, ist sicher nicht der Traum als Spieler. Dennoch schafft es Post Scriptum, das wir uns in jeder Rolle wichtig fühlen. Zudem ist die Community aktuell noch sehr bemüht, alle Sektionen am Laufen zu halten, was trotz der manchmal undankbaren Aufgaben keine Selbstverständlichkeit ist. Denn aus den 40 Spielern jeder Seite dürfen eben nur acht einen Panzer fahren.
Ein Unterschied zu Squad ist die Art der Spawns. Hier kann nur an Forward Operation Bases oder Flaggen wieder eingestiegen werden. Diese muss der Versorgungstrupp jedoch erst einmal bauen. Eine weitere Möglichkeit bieten Mobile Spawnpunkte, die mit speziellen Lkw bereitgestellt werden können. Davon besitzt jede Seite zwei Stück. Diese müssen weise platziert werden und gut gesichert. Sollen sie doch kurze Strecken zum Kampfgebiet bieten, jedoch aus der Schusslinie gehalten werden. Damit erhält das Spiel eine ganz neue taktische Option. Denn so wichtig wie diese Lkw sind, so interessant sind sie ebenfalls als Ziele. Denn verliert die andere Seite einen dieser, hat sie einen möglicherweise entscheidenden Nachteil.
Der Indie-Titel macht hier alles richtig. Denn aufgrund der begrenzten Einstiegsmöglichkeiten sind die Kämpfe recht zentralisiert und verteilen sich nicht wild auf der Karte. Damit entstehen Gefechte, die atmosphärisch kaum besser sein könnte. Wenn plötzlich die Angriffe auf die eigene Stellung beispielsweise ausbleiben, nur um wenige Minuten festzustellen, dass sich der Gegner gesammelt hat und nun mit 40 Spielern über uns hinwegfegt.
Optisch detailgetreu und mit hervorragender Soundkulisse
Grafisch ist Post Scriptum kein Tripel-A-Titel. Das lässt sich überall erkennen. Die Modelle und deren Animationen, die Texturen, leere Gebäude und die Umgebung, die mit dem nötigsten gefüllt ist, lassen auf den ersten Blick nicht erahnen, dass PS unglaublich authentisch ist. Denn die Macher haben die Gegend um Arnheim originalgetreu nachgebaut. Dazu verwendeten sie historische Karten, um ein authentisches Gefühl zu erzeugen. Denn der Taktik-Shooter lebt trotz oftmals schwacher Performance von den glaubwürdigen Umgebungen. Denn unsere Gefechte tragen wir in den (virtuell) gleichen Häusern und Wäldern aus, wie es die Menschen 1944 ebenfalls taten. Damit fühlen wir uns in Mehrspieler-Sessions gleich noch mehr eingebunden, in das, was um uns herum geschieht.
Ein weiterer Punkt ist die Soundkulisse, die Periscope Games aufbaut. Diese ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass uns jede Schlacht in seinen Bann zieht. Ratternde Maschinengewehrsalven, detonierende Granaten und Stukas, die über unsere Köpfe rauschen, versetzen uns mitten in die Wirrungen des Zweiten Weltkriegs und reißen uns mit. Groß angelegte Offensiven, in denen wir durch den Nebel unserer Rauchgranaten auf einige Häuser zu rennen, während uns die Projektile um die Ohren fliegen, lassen alle Beteiligten mit einem Lächeln auf den Lippen zurück. PS lebt von diesen Momenten, die einen extremen Boost generieren.
Weil jedoch die Map so originalgetreu ist, gibt es keine künstlichen „Anpassungen“, um jeder Seite die gleichen Chancen zu ermöglichen. Wurde also im Zweiten Weltkrieg hier eine Brücke gestürmt, so müssen wir das ebenfalls in Post Scriptum tun. So gibt es immer wieder Ereignisse, die zum Beispiel abrupt den Vormarsch hindern. Ebenfalls hat das Spiel noch mit einigen kleinen Problemen zu kämpfen. So stimmt die Fahrzeug-Physik etwa noch nicht, sodass hinterhergezogene Artillerie herumzufliegen beginnt und die fahrbaren Untersätze nur noch schwammig reagieren.
Post Scriptum – ein Fazit
Wer sich auf PS einlässt und sich die Zeit nimmt, das Spiel kennenzulernen, wird mit einem intensiven sowie taktischen Mehrspieler-Titel belohnt. Gefechte in originalgetreuer Umgebung, die jeden brauchen, der auf der eigenen Seite kämpft. Ungeachtet der kleineren Probleme, die es aktuell noch gibt und an denen die Entwickler arbeiten, haben diese mit Post Scriptum einen Indie-Titel geschaffen, der in dem Bereich sicher eine Referenz ist.
Realistisch und gerade deshalb auch einfach absolut fesselnd. Da jeder auf dem Schlachtfeld gebraucht wird, gibt es zwar die ungeliebten logistischen Aufgaben oder den Bautrupp, diese sind jedoch von eminenter taktischer Wichtigkeit. So gestaltet sich ein Miteinander, das eine Gemeinschaft in der Schlacht formen kann, die ein einzigartiges Spielerlebnis ermöglicht.
Das einzig wirkliche nervige aktuell ist die unzerstörbare Umgebung, die immer dann zum Problem wird, wenn wir mit Fahrzeugen unterwegs sind. Mit einem Tiger an einem Holzzaun hängen zu bleibe oder zwischen Bäumen zu stecken, ist weder realistisch noch macht das Spaß. Dafür glänzt PS in zahlreichen anderen Bereichen. Die Perspektiven in Fahrzeugen, der Stärkungstrunk für zwischendurch oder die Nutzung des Kompasses machen das Spiel zu einem unheimlich detailgetreuen, aber auch schweren Titel. Denn der Tod wartet überall und wir sind „nur“ ein Soldat, kein Held. Das Team steht über allem. Anders als die Tripel-A-Titel ist Post Scriptum frei von geskripteten Szenen oder Ereignissen. Alle, die mit uns in die Schlacht ziehen, sind Spieler, die nur eines wollen: Überleben und siegen. Das macht die Atmosphäre in PS so unheimlich dicht, das es manchmal schwerfällt, sich nicht mitten im Gefecht zurückzulehnen und einfach zu genießen. Im großen und ganzen, wenn du auf so richtige Simulationen stehst, wäre das Game Squad vielleicht auch was für dich!