Vor 21 Jahren hatten Bullfrog unser Interesse an Aufbau-Strategie-Spielen mit „Theme Hospital“ geweckt. Heute gibt es das Studio nicht mehr. Umso größer war die Freude, als der Pixelklassiker von damals, durch den Publisher SEGA, in Form von „Two Point Hospital“ als geistiger Nachfolger angekündigt wurde. Verantwortlich zeigten sich bei den Two Point Studios, die den Titel auf der Unity Spielengine entwickelten, zwei Designer, die vor mehr als zwei Jahrzehnten bereits für Bullfrog Productions an „Theme Hospital“ arbeiteten. Mark Webley und Gary Carr. Kein Wunder also, das „Two Point Hospital“ über einen ähnlich schrägen Humor und liebevolle Details verfügt, wie bereits der „Vorgänger“. Erschienen ist die Simulation am 30. August 2018 auf den Plattformen Microsoft Windows, Linux und MacOS.
Fast ein viertel Jahrhundert
Damals begann alles noch ganz harmlos. Wir hatten vielleicht etwas mehr Haare auf dem Kopf und die Finger waren bei Tekken-Kombos noch nicht so eingerostet wie heute. Dennoch fesselten uns vor mehr als 20 Jahren Spiele wie Theme Park, The Movies oder eben Theme Hospital mehrere Hundert Stunden an die Monitore. Es war diese Art von Spielen, die die Simulation und die Aufbau-Strategie wie kein anderes zu jener Zeit so abwechslungsreich und mit solch einem Tiefgang zelebrierten. Sie waren für uns als Spieler extrem zugängig, verfügten über viele untereinander verknüpfte Mechaniken und boten einen unerhört vielfältigen Humor.
Nach der Installation von Two Point Hospital fühlen wir uns genau dort angekommen, wo wir damals aufgehört hatten. Klar, die Grafik ist detailreicher, die Charaktere erinnern etwas mehr an Comicfiguren und die Umgebung ist bunter. Dennoch weckt es die Erinnerungen und Gefühl, die wir beim Spielen des Klassikers hatten. Dies wird ebenso beim Einstieg in das Spiel bewusst. Denn selbst wer bisher noch nichts mit Theme Hospital zu tun hatte, oder schlicht zu Jung für den alten Titel ist, findet sich spielend zurecht. Mitarbeiter-Scouting und Personalpolitik, einfacher und dennoch komplexer Krankenhausaufbau und die Heilung skurriler Krankheiten mit Geräten wie dem „Deprimator“, werden einfach und zugänglich präsentiert. Damit stellen die Macher von Two Point Hospital heute wie schon damals einen leichten Einstieg in das Spiel sicher.
Intuitive Steuerung und übersichtliches Spielkonzept
Erst einmal beginnt alles ganz übersichtlich in Two Point County. Wir starten mit einem leeren Gebäude, das als Klinik dient. Insgesamt stehen in dem zu bespielenden Areal 15 mehr oder weniger verschiedene Krankenhäuser zur Verfügung. Im Rahmen der Kampagne werden diese „durchgespielt“. Doch zurück zu unserer leeren, zukünftigen Heilanstalt. Hierin platzieren wir dank übersichtlicher Menüs und gut sortierter Anzeigen einen Empfangstisch, die ersten Behandlungs- sowie Untersuchungsräume und einige Sitzbänke. Die Räume haben praktischerweise eine Mindestgröße und müssen mindestens mit einer bestimmten Anzahl Gegenständen bestückt sein, damit diese funktionieren.
Das Geld für unsere Anschaffungen generieren wir, wer hätte es gedacht, durch die Behandlung von Patienten. Jedoch stehen auf der Einnahmenseite ebenfalls Erträge aus den Snack- und Getränkeautomaten im Krankenhaus. Also bekommen die Sitzbänke in Sichtweite noch Automaten spendiert, an denen sich die Wartenden gegen etwas Geld laben können. Dies ist wichtig und lukrativ zugleich. Denn die Untersuchungen sowie die Behandlungen nehmen, je nach Krankheitsbild, unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. Entsprechend ist die Wartezeit und damit die Laune und die Meinung des Patienten über die Heilanstalt. Damit wir unseren guten Ruf nicht gleich zu Beginn ruinieren, sorgen wir also für ein Grundmaß an Komfort.
Abschließend benötigen wir logischerweise noch jemanden, der die Patienten empfängt und ihnen letztendlich hilft. Wir stellen also eine Empfangsdame ein, nehmen Ärzte und Krankenpfleger unter Vertrag und engagieren Hausmeister sowie Angestellte für die Büroarbeit. Dabei verfügen sämtliche Mitarbeiter über positive und negative Eigenschaften, die unter Umständen die Patienten beeinflussen. Mit einem letzten Blick überprüfen wird das Geschaffene und drücken die Pause-Taste, um das Spiel wieder zu starten. Denn im Gegensatz zum „Vorgänger“, können wir alles gemütlich im Pausemodus einrichten und anlegen, ohne dabei in Stress zu verfallen. Das Einzige, das für den Anfang nun noch bleibt, ist abzuwarten, wann sich der erste Hilfesuchende in unsere Hallen verirrt.
Der Grundstein ist gelegt
Zugegeben, die Anfänge im eigenen Krankenhaus sind nicht schwer zu meistern. Haben wir erst einmal die „Grundausstattung“, kann es sofort losgehen und die ersten Patienten kommen verzweifelt durch unsere schicke Glastür. Und genau hier fängt sich das eigentliche Rad von Theme, nein, Two Point Hospital dann an zu drehen. Denn Motivation und Spielfortschritt sind von weitaus mehr Faktoren abhängig, als das gebetsmühlenartige Bauen, Einrichten und Kurieren von Menschen. So genügt es keineswegs die Patienten zu heilen und ihnen die Zeit in unserer Heilanstalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Unsere Mitarbeiter brauchen Pausenräume, in denen sie ihre Ruhezeiten optimal genießen können. Ebenso wollen diese nach zufriedenstellender Arbeit befördert werden und mehr Geld.
Des Weiteren benötigen wir mit der Zeit immer qualifizierteres Personal. So stellen wir uns nicht nur besser auf die verschiedenen medizinischen Indikationen ein, sondern können auch bisher unbekannte Krankheiten leichter diagnostizieren. Damit werden wir nach und nach an immer neue Leiden und deren Behandlung herangeführt. Ebenso kann das Personal mit dem Spielverlauf geschult werden. Damit lässt sich spezifisches Wissen auf eine Gruppe von Mitarbeitern projizieren, die dann auf neue Situationen reagieren können. Beispielsweise waren wir in der Behandlung eines Patienten zu nachlässig, stirbt dieser unter Umständen in einem unserer Gänge. Aus dem toten Körper entsteigt die Energie und formt einen Geist, der fortan in unserer Heilanstalt für unnötigen Ärger sorgt. Und das leider nicht nur zur Geisterstunde.
Für diesen Fall haben wir einen Hausmeister. Dieser kümmert sich nicht nur um volle Mülleimer oder defekte Rohre, sondern könnte doch ebenfalls den Geist beseitigen. Jedoch hat dieser nicht das nötige Know-how dafür. So bilden wir diesen kurzerhand in „Geisterkunde“ aus. Damit ist er nun befähigt, nervige Gespenster mit dem Akkusauger einzusaugen.
Herausforderungen und das liebe Geld
Mit jeder Stunde, die wir in Two Point Hospital verbringen, steigt der Anspruch. Neben den alltäglichen Herausforderungen, die ein Krankenhaus mit sich bringt, gibt es eine Vielzahl von bestimmten Aufgaben, die erfüllt werden wollen. Damit erhalten wir Stern als Bewertung, mit denen wir weitere Kliniken, Spielelemente oder Aufgaben freischalten können. Hier erhalten wir dann ebenfalls die Möglichkeit, Forschung zu betreiben. Mit diesen haben wir wieder die Mittel an der Hand, um weitere Aufgaben zu erfüllen und neue Sterne zu verdienen, die zu… ja das erwähnten wir schon. Im Spielverlauf schalten wir so dann ganz neue und viel komplexere Missionen frei, die uns eine ganze Weile fesseln und uns im Rad, das Two Point Hospital zu Beginn anwarf, gefangen hält.
Haben wir die ersten Hürden also gemeistert, nimmt das Spiel an Tiefe zu. Denn nicht nur wird der Platz in unserem anfänglich so leeren Krankenhaus immer spärlicher; es kommen noch allerlei Handicaps dazu. Also setzten wir uns mit dem Platzmanagement näher auseinander. Denn die 15 Kliniken, die in Two Point Hospital bespielt werden können, bieten alle ihre Eigenheiten. So lassen sich in manchen keine Areale dazukaufen, womit wir wieder beim Platzmanagement wären. In andern Herausforderungen lassen sich nur Nachwuchskräfte einstellen. Diese dürfen wir dann mit dem Einsatz von viel Geld intern zu hochrangigen Medizinern ausbilden. Damit sorgt das Spiel für viele verschiedene Herausforderungen. Jedoch kommt nie ein wirkliches finanzielles Problem auf. Praktisch ist hierbei die Vielzahl an unterschiedlichen Daten, die uns in der Krankenhausverwaltung zur Verfügung stehen. Mit diesen lässt sich schnell und zuverlässig herausfinden, wo wir ineffektiv arbeiten und gegensteuern. So kommt es erst spät im Spiel und nur äußerst selten vor, das wir gar einen Kredit aufnehmen müssten.
Schema F
Dennoch findet das geschulte Auge auch in der noch so köstlichsten Suppe ein Haar. In Two Point Hospital ist das aktuell die Abnutzungserscheinung, die sich mit mittelfristiger bis langer Spieldauer zeigt. Denn irgendwann hat man alle Krankheitstypen einmal gesehen, die lustigen Animationen sind auf Dauer ebenfalls die immer gleichen und die humorvollen Durchsagen der Krankenhausverwaltung werden ebenfalls zu Einheitsbrei. Das verliert nach einigen Stunden ordentlich an Reiz. Darüber hilft uns dann der Aus- oder Aufbau des Krankenhauses nicht hinweg. Denn dieser funktioniert ebenfalls mit der Zeit aus dem „FF“, da dieser bestimmten Regeln folgt. Haben wir diese verinnerlicht, wird das Ganze doch etwas repetitiv.
Denn gerade das Layout von den einzelnen Räumen ändert sich kaum, da es bis auf wenige Ausnahmen keinen Unterschied macht, das Zimmer beispielsweise etwas zu vergrößern. Damit gehen wir nach einiger Zeit dazu über, recht monoton die Aufnahme zu platzieren, eine Arztpraxis und eine Apotheke zu bauen, um anschließend die Diagnostik und die Spezialabteilungen zu setzen. Zumindest hätten wir uns hier eine Möglichkeit gewünscht, Schablonen von Räumen erstellen zu können, die wir so ausgerüstet wie wir es für richtig halten, einfach platzieren können. Das würde den Aufbau deutlich beschleunigen und mehr Zeit für das Wesentliche lassen.
Two Point Hospital – ein Fazit
Der geistige Nachfolger von Theme Hospital hat uns völlig in den Bann gezogen. Auch wenn es bei längerer Spielzeit zu einigen nervigen Wiederholungen kommt, ist Two Point Hospital eine grandiose Aufbau-Strategie mit einem hohen Grad an Liebe zum Detail sowie einer gehörigen Portion Humor. Durchdachte Strategie mit dem nötigen Tiefgang. Neue Herausforderungen sorgen für Abwechslung und lassen uns immer wieder gebannt vor dem Bildschirm sitzen. Two Point Hospital geht humorvoll mit dem Leiden der Patienten um und zeigt, dass das klassische Konzept immer noch funktioniert. Trotz aus unserer Sicht mangelnder Langzeitmotivation ist die Krankenhaussimulation eine gerechte Adaption des jahrzehntealten Spiels von Bullfrog.