Ein neuer Herrscher nimmt den Thron in Besitz. Die Ländereien sind in Aufruhr, doch seine Familie ist weit verzweigt. Wie wird er seine Regentschaft festigen – durch geschickte Heiratspolitik? Brutale Schlachten? Oder diplomatisches Kalkül und Spionage? Allgemein bekannt ist nur: Beim Spiel um den Thron gewinnt man oder stirbt, das ist Crusader Kings II.
In Crusader Kings II liegt die Entscheidung bei uns. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Echtzeit-Globalstrategiespiel aus dem Jahr 2012 aus dem Hause Paradox, das uns durch die verschiedenen Epochen des Mittelalters und die zahlreichen mächtigen Familien führt, die dort um Europa stritten – je nach DLC auch um Indien, Skandinavien, die Seidenstraße oder um die Herrschaft über die mächtigen Handelsmetropolen Europas. Wir kontrollieren dabei jeweils eine mittelalterliche Herrscherdynastie, oder besser gesagt: Deren Oberhaupt – in der Regel handelt es sich dabei um eine real existierende historische Persönlichkeit, wie zum Beispiel Wilhelm den Eroberer, oder Harald II. von England. Als solches beginnen wir entweder direkt mit einem Königstitel, oder müssen uns zu jenem hocharbeiten – eben durch geschicktes Taktieren, gewinnbringende Heiraten (nicht nur für uns selbst, sondern auch für jedes Familienmitglied) und die Schlachten, die gelegentlich ausgetragen werden müssen, um unser Reich zu vergrößern oder rebellische Vasallen klein zu halten. Dabei kann uns auch das Schicksal in jedem Augenblick einen Strich durch die Rechnung machen: Krankheiten brechen aus und machen auch vor der herrschaftlichen Familie nicht Halt, Charaktere werden mit zufälligen Charaktereigenschaften geboren, die zum Teil überwunden werden müssen, oder unzufriedene Vasallen überlegen sich das mit der Loyalität noch einmal.
Das Hauptziel von Crusader Kings II ist es, das Ansehen der eigenen Familiendynastie zu steigern. Hierzu können Ländereien hinzu gewonnen werden, Kriege gewonnen oder Bande mit anderen, mächtigen Dynastien geknüpft werden – all diese Faktoren lassen sich am leichtesten durch prestigeträchtige Heiraten erfüllen. Da man immer nur den Kopf einer solchen Dynastie spielt, ist es obendrein eine gute Idee, sich möglichst zügig um einen Erben und dessen Ausbildung zu bemühen. Genauso kann man als Oberhaupt der Familie die anderen Mitglieder der Dynastie nutzen, um weitere Bande mit potentiellen Verbündeten zu knüpfen. So ist es ratsam, sich gerade bei der eigenen Eheschließung einen verlässlichen Partner zu suchen, der auch noch möglichst viele Ländereien in die Verbindung mit sich bringt – die kann der Sohnemann oder das Töchterlein nämlich eines Tages erben, und somit den eigenen Reichtum mehren. Gleiches gilt für die Geschwister, Cousinen, oder weitere Kinder. Umgekehrt kann man natürlich auch schon zu Lebzeiten der aktuellen Spielfigur Verwandte, Kinder und Partner als Vasallen einsetzen oder auf ihr Dasein als zukünftiger Herrscher vorbereiten – hierfür übergibt man sie einem Vasallen der herrschaftlichen Wahl als Mündel, damit dieser sie – idealerweise im Sinne des Herrschers – ausbildet.
Als Spieler beherrschen wir zunächst einmal unsere eigenen Ländereien, unsere eigene Domäne. Da wir uns im Laufe der Jahrzehnte mit unserer Familie durch verschiedene Adelsränge hocharbeiten können, ist dies zum Beispiel eine Grafschaft. Weitere Ländereien gehören uns zwar, werden jedoch nicht direkt durch uns, sondern durch von uns eingesetzte Vasallen kontrolliert und bewirtschaftet – diese wiederum können je nach Rang eigene Vasallen haben.
Auf der untersten Stufe finden sich hier die Barone: Diese haben keine eigenen Vasallen, und herrschen lediglich über kleine Baronien, das heißt, über Städte, Tempel oder Burgen. Sie dienen als Vasallen der Grafen, welche auf der nächsthöheren Stufe über Grafschaften regieren – dies ist zugleich auch die niedrigste Stufe, auf der der Spieler beginnen kann.
Grafen sind üblicherweise die Vasallen von Herzögen oder Königen.
Herzöge herrschen über Herzogtümer, und direkt über ihre Grafenvasallen (jedoch nicht über die Barone, da diese wiederum von den Grafen kontrolliert werden), und Könige herrschen über die nächstniedrige Vasallenstufe ihres Reiches, dienen jedoch als Vasallen von Kaisern.
Kaiser dienen selbstverständlich niemandem als Vasallen, beherrschen jedoch Könige oder Herzöge.
Das mag auf den ersten Blick ein wenig verwirrend erscheinen, orientiert sich jedoch am Lehnssystem des Mittelalters – wichtig für uns als Spieler ist vor allen Dingen, dass wir immer nur über die nächste, tiefer gelegene Stufe unserer Vasallen direkt herrschen können, während diese sozusagen die soziale Leiter weiter nach unten befehligen. Entsprechend könnte sich zum Beispiel ein Herzog gegen unsere Königsherrschaft auflehnen, aber wiederum ein Graf gegen die Herrschaft dieses Herzogs – was uns vielleicht einen wertvollen Verbündeten (und einen Kandidaten für den jetzt frei werdenden Herzogsposten) einbringen könnte. Am besten, wir bieten dem neuen Verbündeten jetzt noch unsere Cousine zur Heirat an – die ist doch gerade frisch verwitwet, das wird ihn sicher an unsere Familie binden… zumindest bis zur nächsten Rebellion.
Crusader Kings II – Möglichkeiten ohne Ende!
Eine weitere Möglichkeit in Crusader Kings II, das Ansehen unserer Familie zu stärken, liegt in der Erfüllung von selbst gewählten Zielen, sogenannten Ambitionen. Wie bereits erwähnt, erhält jeder Charakter bei der Geburt oder im Rahmen seiner Ausbildung gewisse körperliche oder geistige Fähigkeiten (oder auch Unfähigkeiten…), und eignet sich auch persönliche Meinungen zu kulturellen oder religiösen Themen an. Geben wir den Sohnemann in die Lehre des Hofkaplans, wird aus ihm vielleicht ein religiöser Fanatiker; übergeben wir ihn unserem Heerführer, so könnte aus ihm ein kluger Stratege, aber auch ein aggressiver Schläger werden. Gleichzeitig könnte ein Zufallsereignis den besagten Charakter verkrüppeln oder verrückt werden lassen, er könnte besessen werden oder schlicht unfähig sein. Ambitionen können nun ganz basisch Dinge wie „König von [hier Land einfügen] werden“ sein, aber auch Dinge wie „Reichtum anhäufen“, oder aber auch „Erbe werden“… in letzterem Fall möchte man natürlich gerne den aktuellen Erben ersetzen – auf welchem Weg auch immer. Manche dieser Ziele lassen sich mehr oder minder leicht erfüllen – will der Charakter gerne heiraten, sucht man ihm eben einen passenden Ehepartner; hätte der Charakter gerne einen Sohn oder eine Tochter, wird sich das im Laufe der Zeit sicherlich ergeben. Andere Ziele müssen erarbeitet werden: Der Monarch könnte einen Krieg führen wollen, seine Religion verbreiten oder sein Reich florieren wollen sehen. Auch Vasallen lassen sich durch die Erfüllung ihrer persönlichen Ziele glücklich machen: Manche wünschen sich zum Beispiel einen Sitz im Kronrat, oder einen bestimmten Titel, oder eine ganz spezielle Position am Hofe. Bei der Erfüllung dieser Wünsche ist jedoch Vorsicht geboten: Oft ist der besagte Posten oder Titel bereits vergeben, und der vorherige Inhaber des Amtes wird es sicherlich nicht gerne sehen, verdrängt zu werden… und wer weiß, ob der neue Amtsinhaber der Familie auch noch gewogen sein wird, wenn der alte König stirbt und sein Erbe den Thron besteigt? Übrigens: Die besten Königreiche sind schon zerfallen, weil nach dem Tod des alten Herrschers seine Kinder in Erbstreitigkeiten verwickelt worden sind – es bietet sich also an, dafür zu sorgen, dass die Position des gewünschten Erben bereits vor dem Ableben des alten Königs weit genug gefestigt ist. Natürlich kommt gelegentlich dann im ungünstigsten Moment ein Reitunfall oder die Pest dazwischen…
Im Vergleich zu anderen Paradox-Titeln, die auf demselben Spielprinzip basieren, wie z.B. Europa Universalis, wurde das Regelwerk für Crusader Kings II stark vereinfacht. Viele Prozesse wie die Verwaltung von Vasallenstaaten, das Führen von Feldzügen oder die Zusammensetzung von Armeen wurden automatisiert – der Fokus des Spiels liegt ganz klar auf der Festigung des eigenen Herrschaftsanspruchs, der Ausbildung der Charaktere und der Heiratspolitik. Außerdem erfordert das Spiel vor allem langfristige Planung über mehrere Generationen hinweg – aber so festigt sich nur unsere Bindung an das Herrscherhaus. Wir scheitern lediglich dann, wenn mit dem Tod unseres letzten Herrschers kein Erbe mehr vorhanden ist, oder all unsere Ländereien verlustig gehen – mit geschickter Planung sollte das allerdings nicht allzu bald eintreten.
Übrigens: Crusader Kings II besitzt eine gigantische Modding-Community. Die Entwickler haben uns selbstständig die entsprechenden Tools zur Seite gestellt, und so reichen die im Steam-Workshop angebotenen Mods von kleineren historischen Korrekturen und Grafikerweiterungen über Cheats bis hin zu Total Conversions – zum Beispiel zu einem Game of Thrones-Ableger, der fast schon ein völlig eigenständiges Spiel ist. Für Abwechslung ist also gesorgt. Viel Vergnügen!